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17. Prof. Dieter Rehm (*1955), Akademie der Bildenden Künste München

Prof. Dieter Rehm
Prof. Dieter Rehm

Prof. Dieter RehmDie Akademie ist zumindest in ihrer Eigenschaft als Gastgeber von hausfernen Veranstaltungen mehr als zurückhaltend. Geradezu divenhaft. Dass ich Sie hier trotzdem be.grüßen darf, hat mit der Unvergleichlichkeit des Mannn“u tun, der am 8. November 1939, also vor ’75 Jahren, ein Attentat- auf Hitler verübte: Georg Elser. Rufe ich mir die gegen das Hitlerregime in Erinnerung, so fallen mir spontan ein: Graf von Stauffenberg, die Weiße Rose, der Kreisauer Kreis, der Goerdeler Kreis, die Rote Georg Elser ist ersten Nachdenken nicht dabei. Und wenn, dann nicht an erster Stelle.

Vielleicht deshalb nicht, weil Ein Widerstand während der Zeit, als ich groß geworden bin und politisch sozialisiert wurde, medienpolitisch und öffentlich eher wurde. Das hatte viel mit dem kalten Krieg und der Dominanz der Ideologien zu tun. Alles was nicht klar politisch motiviert war, galt lange-Zeit als privatistisch, eigenbrötlerisch, ja sogar sektiererisch. Auch das Attentat von Georg Elser auf Hitler. Ich spreche hier als Künstler an einer Kunstakademie zu Ihnen. Künstlersein heißt eigentlich nichts anderes als eine Passion für die Genauigkeit zu haben und deshalb ehren wir Georg Elsers Tat hier am richtigen Ort. Sein Attentat berührt in seiner Genauigkeit die Welt der Kunst. Ich sage Das Attentat ist kein Kunstwerk. Denn die Kunst bleibt wohlweislich r»it ihrer Genauigkeit in der Fiktion. Sie den Abstand zur Wirklichkeit, weil sie aufgrund Ihrer Genauigkeit weiß, wie ungenau sie ist und deshalb mehr Schaden anrichten kann als Gutes. I)enn wir wissen zur Präzision gehört das Bewusstsein von Fehlbarkeit.

Alle Widerstandsbewegungen waren die sich gegenseitig Halt und Wärme, Motivation und Trost Elser war alleine. Er war einsam inmitten der Volksmeinung, inmitten der Popularität, die Hitler zu dieser Zeit genoss. Alle um Ihn herum waren sich 1939 einig, dass sie in Adolf Hitler dem größten Politiker huldigten, den Deutschland je hatte. Nach Stalingrad war es keine große Leistung,den Untergang Deutschlands durch Hitler zu diagnostizieren. Nach dem siegreichen Blitzkrieg Deutschlands gegen Polen kapitulierte jeder Widerstand gegen Hitler auch in der Reichswehr.

Es gehörte schon ein ungeheures Standvermögen und ein nicht zu korrumpierendes Ich dazu, sich nicht von der blenden zu lassen. Auch das ist eine Eigenschaft, die gewöhnlich Künstler haben. Zumindest in einer solch extremen Ausprägung. • . Es ist das belächelte Eigenbrötlerische in Wissenschaft und Kunst, was die Erfolgsgeswhichte des AtEndIandes schrieb, nicht die Experten und der Geschmack der Massen. Aber wegen seiner Eigenbrötlerei wurde auch Hitler hier in München von den Bruckmanns und Hanfstaengels auserkoren, Deutschland zu retten. Was war anders Elser? Ich meine, war sein künstlerisches Ethos der Genauigwt/& Wahrhaftigkeit und der Menschlichkeit.“