15. Barbara Distel, Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau
Der Häftling Georg Elser 4939 – Die Gestapo bedrängte nicht nur die Familie, jeder der mit Georg Elser in Kontakt gewesen war, ja der gesamte Heimatort. „Attentatshausen“ wurde der Mittäterschaft bezichtigt. Georg Elsers Mutter, seine Schwester Maria Hirth mit Mann, sowie seine Freundin Elsa Härlen wurden nach Berlin gebracht und Georg Elser gegenüber gestellt. Die Mutter berichtete später: „Georg hat geweint, als ich zu ihm herein geführt wurde, aber nicht gesprochen. “
Die Schwester Maria Hirth sagte: „Bei dieser (d.h. der ersten) Vernehmung hat mein Bruder noch gut ausgesehen. Als ich im später noch zwei— oder dreimal gegenüber gestellt wurde, hatte er einen kahl geschorenen Kopf und ein vollkommen geschwollenes Gesicht. Ob das Gesicht durch Schläge geschwollen war weiß ich nicht.“ Und die Freundin Elsa Här len berichtete: „Er saß in der Mitte des Zimmers auf einem Stuhl und ich hätte ihn in seinem Zustand bestimmt nicht als meinen früheren Verlobten erkannt. Sein Gesicht war
verschwollen und blau geschlagen.
Die Augen traten aus den Höhlen und er machte auf mich einen furchtbaren Eindruck. Auch seine Füße waren geschwollen und ich glaube, dass er nur deshalb auf dem Stuhl saß, weil er kaum mehr stehen konnte…lch bin überzeugt, dass er nur redete, weil er körperlich gebrochen war und sich vor den Schlägen fürchtete. “ Es waren Georg Elsers letzte Begegnungen mit den Menschen, die ihm nahe standen und von denen er wusste, dass sie ihm nichts Böses wollten. / dass Elser aus seiner Zelle geholt worden sei und dass er auf Befehl liquidiert wurde. Dieses letztere nahmen wir wenigstens alle an, da Elser seine Sachen in der Zelle zurücklassen musste, mitten vom Abendessen weggeholt wurde und nicht zurückkam..
Ein SS—Mann brachte ihn zum Krematorium, wo ihn der Leiter des Krematoriums, der SS—Mann Theodor Bongartz durch Genickschuss ermordete. Zu diesem zeitpunkt wurden die toten Häftlinge des Lagers Dachau aufgrund von Kohlemangels nicht mehr eingeäschert, sondern in einem nahe gelegenen Massengrab verscharrt. Eine Ausnahme bildeten die Gefangenen, die dort einzeln exekutiert und anschliessend verbrannt wurden. Mitglieder eines Häftlings kommando, deren Aufgabe darin bestand, die Toten einzuäschern wohnte ber noch im:ner im Krematoriumsgebäude .
Sie wurden beauftragt, den toten Georg Elser im Gegensatz zu sonstigen Gepflogenheit nicht nackt, sondern mit seinen Kleidern zu verbrennen. 20 Tage später wurden im Konzentrationslager Dachau mehr als 30 000 Häftlinge aus 25 Nationen von Einheiten der US—Armee befreit. Der „Zitherspieler“, wie ihn die anderen Sonderhäftlinge in Dachau nannten, hat es nicht mehr erlebt .