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Gefangenschaft und Ermordung

Am Abend des Attentatstages am 8. November 1939 wird Elser in Konstanz nahe der Schweizer Grenze festgenommen. Wie konnte ihm, dem Perfektionisten, so etwas passieren?

Was er freilich hätte wissen können: dass man an keiner Grenze einfach so stehenbleiben kann, wie er es getan hatte. Vielleicht, um aus einem offenen Fenster live die Volksempfängerübertragung aus dem Bürgerbräu anzuhören. Er stand dort jedenfalls, bis ein Zöllner ihn fragte, was er da suche. Elser nannte ihm den Namen eines früheren Arbeitskollegen in Konstanz. Der Zöllner nahm ihn mit aufs Revier, suchte die Adresse heraus. Da kam die Durchsage: Der Führer sei wie durch ein Wunder einem Anschlag entkommen. Weil Elser gesagt hatte, er komme aus München, schöpfte der Zöllner Verdacht. Hatte er doch in seinen Taschen Teile eines Zünders, Aufzeichnungen über Waffenlieferungen, Werkzeug und eine Postkarte vom Bürgerbräu gefunden.

Jetzt wurde die Gestapo geholt, die Elser mit nach München nahm, wo Verhöre und Folter im Wittelsbacher Palais, der Gestapo-Zentrale so lange anhielten, bis er Mitte November gestand, der alleinige Hitler-Attentäter vom Bürgerbräukeller zu sein. Seine geschwollenen Kniee hatten ihn verraten.

In der Berliner Gestapo-Zentrale in der Prinz-Albrechtstraße wurden die Verhöre fortgesetzt. Diese Protokolle, die Lothar Gruchmann 1964 im Archiv des Bundesjustizministeriums in Bonn fand, wohin sie vom Reichsjustizministerium gelangt waren, trugen zum Wandel des Elserbildes ab den 70er Jahren entscheidend bei, ja, verursachten ihn eigentlich. Weil es keinen Elserprozess gegeben hatte, vermutete auch keiner die Protokolle beim Reichsjustizministerium.

 

 

Auszüge aus den Berliner Verhör- Protokollen:

Auf 203 maschinengeschriebenen Seiten berichtet Elser den Kriminalkomissaren Kappler, Schmidt und Seibold, wie er auf die Idee kam, Hitler beseitigen zu wollen und wie er es anstellte. Auf Seite 173 heißt es dann:

Nach dem Geständnis begann Elsers fünfeinhalbjährige Leidenszeit als Sonderhäftling in strengster Isolation: Keine Briefe, keine Besucher, Tag und Nacht von SS-Wärtern bewacht. Dafür: besseres Essen – Elser sollte nach dem „Endsieg“ für einen Prozess gegen den britischen Geheimdienst aufgehoben werden – mehr Platz, eine Werkbank, an der er arbeiten durfte und seine Zither, auf der er gern wehmütige Wiener Weisen spielte. Er wurde im KZ der „Zitherspieler“ genannt.

Elserbiograph Renz behauptet, Elser habe seine Zither selber gebaut (Ulrich Renz, Allein gegen Hitler, Stg. 2016). Èlserbiograph Haasis schreibt sogar, Elser habe mehrere Zithern gebaut, beruft sich dabei freilich auf die Aufzeichnungen von Elsers SS-Bewacher Uslepp aus dem KZ Sachsenhausen, der sich als Elsers „Testamentsvollstrecker“ ausgab und von einer gemeinsamen Flucht faselte (Hellmut Haasis, Den Hitler jag ich in die Luft, Hamburg 2001).

Aus der Haft in der Berliner Gestapo-Zentrale war Elser 1940 ins KZ Sachsenhausen gekommen, im Winter 1944/45 dann ins KZ Dachau.

Er war inzwischen abgemagert, zum Kettenraucher geworden und glaubte nicht mehr, das KZ lebendig verlassen zu können. Einem Wärter stellte er die Frage, was schneller ginge, das Erhängen, das Vergasen oder der Genickschuss.

Als einer der wenigen „persönlichen Gefangenen“ Hitlers wurde er nach einem Befehl von ,,höchster Stelle“ in Berlin am 9. April 1945 vor dem Krematorium im KZ Dachau erschossen
und sofort in Kleidern verbrannt. Das war außergewöhnlich. Alle anderen Toten wurden in Massengräbern verscharrt, weil es kaum noch Brennmaterial gab. Aber die Erinnerung an Elser sollt ganzlich gelöscht werden, er hat auch kein Grab.

Die Elserfamilie in Königsbronn wurde nicht über seinen Tod informiert, sie wartete bis 1950, bis sie ihn für tot erklären ließ. Sie alle und Mathilde, die Mutter von Elsers Sohn Manfred, hatten nicht an die Schuld Elsers glauben können, sie hielten ihn für total unpolitisch. So ein guter Schauspieler war der Schorsch.

Als sicher war, dass Georg Elser der Bürgerbräu-Attentäter war und dass er allein gehandelt hatte, baten die Elsers (Mutter und Schwester Maria Hirth aus Stuttgart) die Behörden um Entschädigung. Sie wurde abgelehnt.

Wie schon nach dem Tod des Vaters, wo Georg etwas Land geerbt hätte, hatten sich die Nazi-Behörden angemaßt, diesen Anspruch abzulehnen. Inzwischen hat ihm die Gemeinde Königsbronn im Friedhof am ltzelberger See ein symbolisches Grab gewidmet.

Am gleichen Tag, am 9. April 1945, töteten die Nazis noch mehrere andere Widerstandskämpfer, darunter den Geheimdienstchef Canaris und Pfarrer Dietrich Bonhoeffer. Pfarrer Martin Niemöller, der im Bunkergefängnis des KZ Dachau seine Zelle im gleichen Gang wie Elser hatte und der wie er vorher im KZ Sachsenhausen eingesperrt war, überlebte und konnte seine abenteuerliche These über Elser weiterverbreiten.